Morbus Bechterew - Symptome, Diagnostik, Therapie | Gelbe Liste

2022-11-07 15:48:46 By : Mr. Danny Huang

Der Morbus Bechterew ist eine chronisch entzündliche Erkrankung, die mit chronischen Schmerzen, vor allem im Rückenbereich, einhergeht. Im Verlauf kann es zu einer Versteifung der Wirbelsäule kommen.

Der Morbus Bechterew ist eine chronisch entzündliche Erkrankung, die in einer völligen Versteifung der Wirbelsäule münden kann. Bei der Erkrankung sind bereits strukturelle Läsionen in den Sakroiliakalgelenken und/oder der Wirbelsäule vorhanden bzw. radiologisch sichtbar.

Von Morbus Bechterew sind Männer etwa gleich häufig wie Frauen betroffen. Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr. Die Prävalenz in Deutschland wird zwischen 0,3-0,5% geschätzt.

Die Ätiologie des Morbus Bechterew ist weitgehend unbekannt. Es konnte gezeigt werden, dass beim Morbus Bechterew in der Regel eine genetische Prädisposition vorliegt. 90-95% der Patienten sind HLA-B27 positiv.

Im Rahmen der Erkrankung kommt es zu Entzündungen, die ihren Ursprung vor allem im Bereich der Sakralgegend der Wirbelsäulen haben, dort sind besonders Sehnenansätze und die Gelenkkapsel entzündet. Die beschädigten Ränder der Gelenke werden durch Faserknorpel ersetzt. Es kommt im Verlauf zu einer Versteifung/Verknöcherung entlang der Wirbelsäule. Syndesmophyten, die benachbarte Wirbel überspannen, entstehen und es bildet sich die sogenannte Bambuswirbelsäule. 

Die Erkrankung manifestiert sich meist im Bereich der Iliosakralgelenke und der Wirbelsäule. Die Patienten leiden unter schleichend einsetzenden dumpfen Rückenschmerzen, die lageunabhängig sind und auch in der Nacht auftreten. Die Beschwerden werden im Tagesverlauf unter Bewegung meist besser. Zudem leiden die Patienten unter einer Morgensteifigkeit. Die Patienten können schmerzhafte Sehnen-Knochen-Übergänge zeigen, sogenannte Enthesiopathien. Die untere Extremität, beispielsweise im Bereich des Beckenkamms, Trochanter major oder auch im Bereich der Achillessehne, ist hiervon bevorzugt betroffen. Patienten mit einer Enthesitis zeigen in der Regel eine allgemein höhere Krankheitsaktivität und stärkere Einschränkung der Funktionsfähigkeit. Im weiteren Verlauf der Erkrankung können bei den Patienten Verknöcherungen am Achsenskelett entstehen, die zur charakteristischen Bambusstabwirbelsäule führen können. Dies führt zu Einbußen der Wirbelsäulenbeweglichkeit. Auch die Lebensqualität ist bei den Betroffenen häufig eingeschränkt.

Extraskeletale Manifestationen liegen bei ca. 40% der Morbus Bechterew-Patienten vor. So kann es im Bereich der Augen zu einer akuten meist einseitigen Uveitis anterior kommen. Dies geschieht bei ca. 30-40% der Patienten. Im Bereich des Magen-Darm-Traktes können entzündliche Veränderungen des Kolons oder Ileums auftreten. Ein kleiner Teil der Patienten entwickelt das Vollbild einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (M. Crohn oder Colitis ulcerosa). Oftmals tritt bei den Patienten auch eine Psoriasis auf. Ein weiteres betroffenes Organsystem kann das Herz sein. Hier werden Reizleitungsstörungen, eine Aortitis und/oder eine Aorteninsuffizienz beschrieben. Auch die Lunge kann mit restriktiven Ventilationsstörungen betroffen sein.

Die Krankheitsaktivität kann mit Hilfe verschiedener Messinstrumente erfasst werden:

Die Diagnostik beim Verdacht auf einen Morbus Bechterew beginnt mit der Anamnese und körperlichen Untersuchung. Hierbei sind besonders die Iliosakralgelenke zu untersuchen. Die Patienten können einen Druck- oder Kompressionsschmerz der Iliosakralgelenke zeigen, das sogenannte Menell-Zeichen. Die Wirbelsäulenbeweglichkeit sollte in allen Wirbelsäulenabschnitten geprüft werden. Der Bewegungsumfang der Lendenwirbelsäule bzw. Brustwirbelsäule kann mit Hilfe des Schober-Maßes bzw. Ott-Maßes gemessen werden. Bei M. Bechterew sind diese eingeschränkt. Der Kinn-Sternum-Abstand ist bei der Erkrankung zudem eingeschränkt. Die Einschränkung der physischen Funktionsfähigkeit wird in Deutschland in der Klinik hauptsächlich mit Hilfe des BASFI (Bath Ankylosing Sponylitis Functioning Index) erfasst.

Mit zunehmender Krankheitsdauer, also auch zunehmenden strukturellen Schäden im Bereich der Wirbelsäule, kann es zu einer veränderten Körperhaltung und Statik kommen. Die Patienten können beispielsweise eine Vertikalstellung des Beckens, Überdehnung der Bauchmuskultur mit dominierender Bauchatmung oder auch Atrophie der Lumbalmuskulatur zeigen.

Beim Verdacht auf das Vorliegen eines M. Bechterew kann zudem eine Knochendichtemessung erfolgen. Patienten mit einer aktiven Bechterew-Erkrankung haben im Vergleich zu Patienten mit einer inaktiven Erkrankung oder gesunden Personen eine geringere Knochendichte. Daraus ergibt sich ein höheres Risiko spontan oder bei minimalem Trauma eine Wirbelfraktur zu erleiden. Bei Patienten mit einer Verschlimmerung der Schmerzen sollte dies bedacht werden und gemäß der Leitlinie eine entsprechende Diagnostik inklusive einer adäquaten Bildgebung (Röntgen/CT/MT) erfolgen.

Die wichtigste Lokalisation der radiologisch erfassbaren strukturellen und/oder entzündlichen Pathologien sind die Wirbelsäule, v. a. der thorakolumbale Übergang, und die Hüftgelenke. Zur Erfassung von enthesialen Beteiligungen kann auch die Durchführung einer Sonographie hilfreich sein.

Die strukturellen Pathologien beim Morbus Bechterew können mit Hilfe der New York-Kriterien, die zudem auch klinische Parameter berücksichtigen, erfasst werden.   Als Laboruntersuchung ist die Möglichkeit zur Bestimmung des HLA-B27 Gens sowie die quantitative Messung von Akute-Phase-Proteinen wie beispielsweise dem C-reaktiven Protein (CRP) möglich. Etwa 80-95% der Bechterew-Patienten sind HLA-B27 positiv.

Beim Morbus Bechterew wird über eine Diagnoseverzögerung von 5-7 Jahren berichtet. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass nicht ein einzelnes Symptom wegweisend für die Erkrankung ist, sondern die Betroffenen aus einer großen Gruppe von Patienten mit unspezifischen Rückenschmerzen herausgefiltert werden müssen.

Das primäre Ziel der Behandlung der Patienten ist die Optimierung der Lebensqualität durch die Kontrolle von Symptomen und der Entzündung. Ferner soll das Auftreten von strukturellen Schäden verhindert werden und die Funktion und Aktivität erhalten werden.

Die Therapie besteht aus einer Kombination von pharmakologischen und nicht-pharmakologischen Maßnahmen.

Die wichtigste nicht-pharmakologische Maßnahme ist die Physiotherapie bzw. regelmäßige Bewegungstherapie. Hierdurch sollen zum einen der Erhalt der körperlichen Beweglichkeit und Verminderung der Steifheit als auch die Schmerzreduktion, verbesserte Haltung und Koordination sowie eine Sturzprophylaxe erreicht werden. Die Therapie kann zum einen im Trockenen erfolgen, beispielsweise als angeleitete Einzelkrankengymnastik oder im Rahmen von Gruppentherapien. Ferner kann die Therapie kombiniert werden mit Übungen im Wasser. Der Effekt der Bewegungstherapie auf die Schmerzen der Patienten ist laut der aktuellen Studienlage widersprüchlich.

Zudem ist es möglich die Bewegungstherapie im Wasser als sogenannte Balneotherapie durchzuführen. Hierbei können aktive Übungen in warmem Wasser sowie passive Anwendungen wie Fangopackungen durchgeführt werden.

Zusätzlich zu den beschrieben Therapieverfahren wird auch eine Anwendung von Hyperthermie und Elektrotherapie beschrieben. Auch die Durchführung einer Ergotherapie kann dazu beitragen, dass die Krankheitsaktivität des Morbus Bechterew abnimmt bzw. die körperliche Funktionsfähigkeit zunimmt.

Durch die pharmakologische Therapie kann eine Reduktion der Schmerzen und damit auch der Steifigkeit der Wirbelsäule erreicht werden. Hierfür werden beispielsweise nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Coxibe eingesetzt. Über die optimale Dauer der Medikation mit NSAR gibt es aktuell kaum Daten. Es gibt jedoch Anhaltspunkte, dass die kontinuierliche Therapie einen günstigen Effekt auf die Röntgenprogression an der Wirbelsäule haben könnte. Es muss bei der NSAR-Therapie immer das Nutzen-Risiko-Verhältnis im Auge behalten werden. Gerade die NSAR-Langzeittherapie birgt das Risiko von unerwünschten Wirkungen. Insbesondere sind hierbei die gastrointestinalen Nebenwirkungen zu nennen.

Patienten die unter einer Therapie mittels NSAR (über einen Zeitraum von mindestens 4 Wochen mit mindestens 2 NSAR) keine ausreichende Reduktion der entzündlichen Aktivität zeigen, gibt es die Möglichkeit Biologika einzusetzen, die verschiedene inflammatorische Schlüsselzytokine hemmen können. Hierzu zählen als wichtigste Vertreter die Tumor-Nekrose-Faktor alpha (TNF alpha)-Hemmer. TNF-Blocker wirken nicht nur auf die Schmerzen, Morgensteifigkeit, Müdigkeit und allgemeine Funktionsfähigkeit sondern auch auf extraskeletale Manifestationen des Morbus Bechterew wie die Enthesitis, chronische Darmentzündungen sowie die Uveitis anterior. Auch auf die Knochendichte scheinen TNF-Blocker einen positiven Effekt zu haben. Patienten mit einem bei Beginn der TNF-Blocker-Therapie erhöhten CRP scheinen besser auf die TNF-Blocker-Therapie anzusprechen. Zu beachten ist auch hier das Sicherheitsprofil der Medikamente. So ist beispielsweise die Gabe von TNF-Blockern in der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Zudem können die Medikamente zu einer gesteigerten Rate an Infektionen inklusive der Reaktivierung von Infektionen, z.B. Tuberkulose und Hepatitis, führen. Daher sollte vor Beginn der Therapie auf das Vorliegen dieser Erkrankungen geachtet werden. Außerdem scheint unter der TNF-Blocker-Therapie das Risiko der Entwicklung von malignen Hauttumoren, insbesondere Nicht-Melanomen, erhöht zu sein. Prädiktoren für ein gutes Ansprechen auf die Therapie mit TNF-Blockern sind beispielsweise junges Alter, männliches Geschlecht, eine hohe Krankheitsaktivtität und HLA-B27-Positivität. Das Absetzen der Therapie führt häufig zu klinischen Rückfällen.

In der Leitlinie wird zudem die Möglichkeit der Therapie mittels Sulfasalazin angesprochen. Patienten die an einer peripheren Arthritis und/oder einer Colitis ulcerosa bzw. Morbus Crohn leiden, können von dieser Therapie profitieren.

Es besteht zudem die Möglichkeit beim Vorliegen von peripherer Arthritis bzw. symptomatischer Sakroiliitis, dass eine lokale Injektion mit Glukokortikoiden durchgeführt wird.

Beim Vorliegen einer klinisch symptomatischen Destruktion der Hüftgelenke kann eine endoprothetische Versorgung selbiger indiziert sein.

Bei Morbus Bechterew-Patienten, die wegen ihrer Wirbelsäulendeformität die Fähigkeit zur horizontalen Sicht verloren haben, kann eine Aufrichtungsoperation mit Korrektur-Osteotomie evaluiert werden. Auf Grund der verminderten Knochendichte und der fehlenden Pufferwirkung von Bandscheiben und Gelenken durch die Verknöcherungen erleiden Betroffene häufig eine Wirbelkörperfraktur, die zum Teil ohne Trauma auftreten kann. Häufig müssen diese Frakturen auf Grund ihrer hohen Instabilität operiert werden. Die betroffenen Patienten sollten in einem spezialisierten operativen Wirbelsäulenzentrum vorgestellt werden.

Die Erkrankung selbst ist nicht heilbar. In jedem Stadium kann jedoch ein Stillstand der Erkrankung eintreten. Die Verläufe der Erkrankung selbst sind sehr unterschiedlich. Etwa 1/3 der Patienten zeigen einen schwerwiegenden Verlauf der Erkrankung.  Diese Patienten haben ein erhöhtes Risiko früher zu versterben. Morbus Bechterew-Patienten leiden an einer um 20-40% erhöhten kardiovaskulären Mortalität und zeigen eine höhere Prävalenz für Arteriosklerose. Prognosefaktoren, die zu einem ungünstigen Verlauf führen könnten, sind beispielsweise: männliches Geschlecht, Vorhandensein von Syndesmophyten bei Erstvorstellung, früher Beginn und lange Krankheitsdauer, erhöhtes CRP, radiologische Sakroilikalgelenk-Veränderungen in den ersten zwei Jahren.

Eine spezifische Prophylaxe zur Vermeidung dieser Erkrankung existiert zum heutigen Zeitpunkt nicht. Man kann jedoch versuchen mit Hilfe von gezielten krankengymnastischen Übungen, einer konsequenten Haltungskontrolle sowie ausreichend Bewegung die Funktionalität der Wirbelsäule und anderer Gelenke zu erhalten und einer Versteifung vorzubeugen. Zudem kann die medikamentöse Therapie helfen die Krankheitsaktivität zu reduzieren.

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